Freitag, 16. Januar 2015

Netzwerk, die 2.

Vor einigen Tagen habe ich erkannt, dass es die nächsten Jahre hier im Saarland kein Netzwerk für Frauen geben wird, die an einer psychischen Krise rund um die Geburt eines Kindes erkranken. 
Eine sehr pessimistische Einstellung, ich weiß, aber sie scheint mir mittlerweile realistisch.
Nicht nur, dass sich seit Monaten nichts tut. Ich habe durch ein Telefongespräch eine so erschütternde Einstellung von Klinikärzten und Schwestern erfahren müssen, dass es mir glatt die Socken ausgezogen hat. Ich habe tatsächlich schon einiges gehört und mitbekommen. Leider. Aber das war der Gipfel aller Unsensibilität, Ignoranz und Kaltschnäuzigkeit.
Wie soll Frauen geholfen werden, wenn sie abgespeist werden? Wenn sie vor einer bevorstehenden Fehlgeburt gefragt werden, ob sie denn den geplanten Urlaubstrip schon abgesagt hätten, das wäre nicht notwendig. Wenn eine angebliche Strahlung von Cattenom (AKW in Frankreich) als Ursache für die Fehlgeburt herangezogen wird und wenn man sie im Hinblick auf das überfühlte Wartezimmer sofort nach Hause schickt mit den Worten, bei den zu erwartenden Schwierigkeiten sofort wieder ins Krankenhaus zu kommen. Schlussendlich soll es dann aber doch noch eine Heilpraktikerin richten. 
Aus Respekt vor der betroffenen Familie will ich nicht weiter ins Detail gehen, aber ich war zutiefst erschüttert. Und wenn es diese Reaktion bei mir hervorruft, wie soll dann eine betroffene Frau noch einen klaren Gedanken fassen können. Wie soll sie es verdammt nochmal schaffen, nicht in eine psychische Krise, sprich Depressionen, zu rutschen?
Einfühlungsvermögen und Empathie scheinen Fremdworte zu sein. Eine Entschuldigung, die sich eventuell auf den Personalmangel beruft, lasse ich nicht gelten! Dieses Verhalten war und ist einfach unentschuldbar!

Ich weiß natürlich, dass das womöglich ein Einzelfall war. Aber kann ich mir da sicher sein???
Natürlich gibt es engagierte Hebammen, Ärzte, Schwester und weitere Fachleute und darüber bin ich froh und unendlich dankbar.
Doch habe ich das Gefühl, dass sie allein kämpfen und ihre Engagement durch solche Ärzte - ihren Kollegen (!) - bzw. deren Verhalten wie oben angedeutet, vernichtet wird.
Ich frage mich, wie ist das mit dem hypokratischen Eid vereinbar, wenn man eine Frau verletzter und kränker wieder nach Hause schickt. 
Selbst wenn man der Meinung ist, dass jeden Tag Frauen Fehlgeburten erleiden, so sitzt doch genau diese eine Frau vor einem und genau diese eine Frau interessiert es nicht, was mit den anderen ist, sondern sie durchleidet ihr höchst eigenes, unbegreifliches Schicksal.
Es kann es denn dann nicht aus Gründen der Menschlichkeit erwartet werden, auch gefühlvoll und  mit Respekt behandelt zu werden?
Wie gesagt, ich versteh die Welt nicht mehr und ich bin noch immer erschüttert.

Aber es zeigt mir auch, dass es im Bereich der Fachleute noch immer Defizite gibt. Es wird nicht erkannt, wie schnell eine Frau durch einen einzigen, unbedacht gesagten Satz in eine Depression rutschen kann. Das Gespür fehlt. Wie gesagt, nicht bei allen, aber leider bei viel zu vielen!
Und solange ich solche Geschichten hören muss, wird mir klar sein, dass ein gemeinsames Netzwerk für Frauen in der "Krise nach der Geburt" hier im Saarland nicht funktionieren wird. Ich lasse mich sehr gerne eines besseren belehren, es wird nur keiner da sein, der das übernimmt.

Seit nunmehr 4 Jahren kämpfe ich an dieser Front. Die Fortschritte sind gering im Vergleich zu dem, was möglich wäre. Leider. Und es wird noch ein langer, sehr langer Weg werden, wenn mir nicht vorher die Kraft ausgeht. Es tut mir unendlich leid, dass die betroffenen Frauen unnötig leiden müssen, nur weil sie hier ihre Heimat haben. Es gibt tatsächlich Regionen in Deutschland, da bestehen diese Netzwerke, die fangen die erkrankten Frauen und ihre Familien auf und unterstützen sie, wobei alle Fachrichtungen vertreten sind.
Grad das erste Jahr, in dem eben diese Depression auftritt, ist doch das kostbarste, was es gibt. Das kleine Baby entwickelt sich so rasend schnell, wie sonst nie wieder in seinem Leben. Die Entwicklungsschritte sind enorm und es ist einfach eine sehr intensive und aufregende Zeit. Diese zu versäumen, weil man in der Krise festsitzt, ist für alle Betroffenen traurig und schmerzhaft. Auch aus diesem Grund ist eine schnelle und effektive Unterstützung und Hilfe der Frauen unabdingbar.

Eine Bekannte fragte mich letztens so schön: Ich versteh gar nicht, dass du das immer noch machst. Ich hätte schon aufgegeben. Warum hältst du noch durch?
Für das: "Danke, dass DU für mich da warst und geholfen hast!"



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